Totenbücher/Totenklage

 

1965 musste die Stadt Braunschweig eine Liste aller zwischen 1933 und Kriegsende 1945 im Krematorium verbrannten Personen anfertigen. Damals war die Asche der jüdischen Toten zwischen dem Urnenfriedhof und dem jüdischen Friedhof verstreut worden, wärend die Asche der ausländischen Opfer, z. B. von Sowjetbürgern,  gegen Kriegsende auf dem Ausländerfriedhof verstreut wurde. Die Stadt folgte damit einer Verordnung des Innenministers, die den Opfern von Krieg und Gewalt ihre Namen zurückgeben wollte. Erst durch diese Anordnung wurden die Namen wieder bekannt. Und erst im Zuge dieser gesetzlichen Anordnung fühlte sich die Stadt verpflichtet, den nur scheinbar unschuldigen Rasen der Freifläche mit einer Gedenkplatte zu kennzeichnen. Die Namen der Toten aber nennt diese Tafel nicht. Die Anonymität, die das Verdrängen erleichtert war nicht aufgehoben.

 

Im Jahre 2001 besuchten auf Einladung der Stadt Braunschweig ehemalige jüdische Häftlinge aus dem KZ-Außenlager Schillstraße ihre frühere Arbeits- und Leidensstätte. Und sie gedachten dabei auch der toten Kameraden und Angehörigen, deren Asche auf dieser Freifläche liegt. Es war ergreifend zu sehen, wie eine Familie eine Blechdose, ein Messer und einen Löffel aus einer Tasche holte und ein wenig Erde einsammelte, um diese Erde im Familiengrab in Frankreich beizusetzen.

 

Dieses Beispiel zeigt sehr deutlich, dass die Hinterbliebenen das Bedürfnis haben, ihrer Toten persönlich zu gedenken. Obeliske, Findlinge oder Gedenkplatten als Orte des Gedenkens müssen und sollen sein, aber als Orte individueller Trauer sind sie ungeeignet. Dass die genannten Gedenkplatten den Toten ihre Namen nicht wiedergibt, war ein unbefriedigender Zustand.

 

Und nicht nur dieses Denkmal verschweigt mehr als es verrät: Überall auf den Friedhöfen der Helmstedter Straße — sei es der jüdische, der evangelische, der katholische, der Stadtfriedhof oder der Ausländerfriedhof  — liegen neben namentlich gekennzeichneten Gräbern anonyme Grabstätten der Opfer von Krieg und Gewalt. 

 

Uns wurde es daher zur wichtigsten Aufgabe, einen Forschungsauftrag zu vergeben und inhaltlich zu begleiten, um die Namen aller durch Krieg und Gewaltherrschaft zwischen 1933 und 1945 in Braunschweig umgekommenen und hier auf den Friedhöfen an der Helmstedter Straße beigesetzten Menschen zu ermitteln und diese in Totenbüchern zu dokumentieren.

 

Die so entstandene „Totenklage“ im Format Din A3 kann in der Kapelle eingesehen werden.

 

Die Totenbücher wurden künstlerisch gestaltet von Professor Gerd Winner, die inhaltliche Arbeit wurde von Reinhard Bein, Regina Blume,  Dr. Brigitte Funke und Dr. Hans-Jörg Pötzsch geleistet.

 

Ein Vortrag von Reinhard Bein liefert Hintergründe zur Entstehung der Totenbücher 

(Vortrag vom 8. Juni 2017)  

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Entstehung der Totenbücher - Reinhard Bein (2017)
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Sie können die Totenbücher zur Recherche als PDF herunterladen. Hierzu haben wir eine handlichere Version der drei Bände im Format DIN A4 erstellt. Das PDF zum Download fasst den Inhalt aller drei Bände in einem Dokument zusammen.

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Totenklage (komplett)
Graphische Gestaltung und Einband
Prof. Gerd Winner
Totenklage - Band 1-3 - A-Z - DIN A4.pdf
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Die Totenklage von Gerd Winner. Zum Download oder als Flipbook

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Sie können diese Totenbücher ebenfalls hier online als so genanntes Flipbook lesen 



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